Nach dem Abitur ins Ausland – Teil 5: FSJ in Ecuador

Im 5. Teil der Serie Nach dem Abitur ins Ausland geht es wieder um ein Auslandsjahr in Südamerika.
Ferdinand (19) hat nach dem Abi ein Freiwilliges Soziales Jahr in Ecuadors Hauptstadt Quito absolviert. Sein FSJ hat er gerade erst beendet und nun beginnt er ab Oktober Rechtswissenschaften in Erlangen zu studieren.
Während seines Auslandsaufenthaltes hielt er seine Freunde und Familie über seinen Blog 2015ecuador2016 auf dem Laufenden. Schaut dort auf jeden Fall mal vorbei. Einen schnellen Überblick über sein FSJ bekommt ihr hier in diesem Beitrag, einfach weiterlesen.

Nach dem Abitur ins Ausland: Ecuador

Ecuadors Hauptstadt Quito – Foto: Pixabay

1. Warum wolltest Du ein FSJ machen und warum gerade in Ecuador bzw. Südamerika?

Ich muss zugeben, dass ich mich dabei etwas von meiner Familie habe leiten lassen. Meine Großeltern und Mutter haben Erfahrungen auf diesem Kontinent und ich bekam seit meiner Kindheit Geschichten aus Chile und Mexiko erzählt. Trotzdem wollte ich eine eigene Beziehung zu diesem Kontinent aufbauen und nicht in „zu große Fußstapfen treten“.
Dazu hatte ich in der Schule Spanisch, wenn auch mit durchschnittlichen Noten machte es mir doch Spaß, diese Sprache zu sprechen – also wollte ich dies perfektionieren.
Ein weiterer großer Grund war, dass ich aus vielen Dokumentationen, Erzählungen und Berichten schon eine leise Ahnung hatte, was mich dort für großartige Erfahrungen erwarten könnten, und diese wollte ich unbedingt machen!

2. Wie hast Du Dein Auslandsjahr finanziert?

Ich hatte Glück! Die Bundesregierung finanziert mit 30 Mio. Euro im Jahr das Weltwärts-Programm. Dies ermöglicht Jugendlichen von 18-27 Jahren in einem Land, vorrangig in Entwicklungsländern, in sozialen Projekten zu arbeiten. Darüber wurde das FSJ finanziert. Die Krankenversicherung, Unterkunft, Verpflegung, Flugticket und 100 Euro Taschengeld im Monat bekam ich somit aus dem Topf des Bundesministeriums für wirtschaftlichen Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ).
Das Kindergeld wurde weiter gezahlt, was meine Eltern mir überwiesen und so konnte ich dort ganz gut leben.
Allerdings ist von der Organisation gefordert, dass man einen Spenderkreis aufbaut, der eine Summe von 2700 Euro stemmt. Diese Spende soll dann die Kosten decken, die die „Non-Profit-Organisation“ hat. Diesen hat zum Großteil meine Familie getragen.

3. Wie und wo hast Du in Quito gelebt?

Eigentlich sollte ich in einer Gastfamilie wohnen. Eigentlich, eigentlich, denn diese wurde für mich nicht gefunden, bzw. wollte diese keinen Jungen haben. Aber meine Partnerorganisation hat ihren Stammsitz in der Hauptstadt Ecuadors und somit konnte ich da bei den beiden Chefinnen im Haus wohnen.
Dort hatte ich ein schönes Zimmer, ein großes Bett, aber eben leider keine richtige Familie. Es war auch schön, viel Zeit für sich zu haben und in Quito jeden Tag etwas unternehmen zu können. Ich bin sehr zufrieden damit! Allerdings ist eine Familie eine einmalige Erfahrung, die ich im letzten Monat doch noch an der Küste machen durfte!

4. Was war Deine Aufgabe während des Jahres, was hast Du in Quito gemacht?

Ich habe in diesem Jahr in Quito auf 3200m Höhe meine Englischstunden an der Grundschule Pablo Neruda im Süden der Hauptstadt gegeben. Dies ist der Teil in dem tendenziell die finanziell ärmeren Menschen leben. Im April half ich dort außerdem beim „Care-Pakete“ packen für die Erdbebenopfer. Von September bis Ende Dezember 2015 war ich außerdem in eine kirchlichen Einrichtung als Hausaufgabenhilfe und im Juli 2016 an der Küste in Atacames ebenfalls als Englischlehrer tätig.

Nach dem Abitur ins Ausland: Ferdinand gibt Englisch-Unterricht an einer Grundschule in Quito, Ecuador.

Ferdinand gibt Englisch-Unterricht an einer Grundschule in Quito. – Foto: Ferdinand

5. Wie sah ein normaler Tagesablauf bei Dir aus?

Meistens hatte ich um 7.20 Uhr Schulbeginn. Leider ist es in Ecuador nicht so, dass die Busse Fahrpläne oder Haltestellen haben. Es gibt eine Route, und da kommen die Busse in unregelmäßigen Abständen vorbei. Ich stand also auf, wusch mich, aß und machte mich fertig für die Schule. Dann stellte ich mich zwischen 6.00 und 6.30 Uhr an die Straße und wartete meist 10 bis 30 Minuten auf den Bus.
Dann war ich von 7.20 – 12.20 in der Schule und fuhr dann den Weg von ca. 5 km zurück nach Hause. Dort gab es Mittag, meist gegen 2 und ich wurde mit kleineren oder größeren Aufgaben beauftragt, hatte aber ab 15.00 Uhr meistens dann den Nachmittag frei. Ich konnte mich dann an den PC setzen, zu meinem peruanischen Kumpel Omar fahren, Fußball spielen oder Quito erkunden fahren.
Nach Sonnenuntergang um 18.30 war ich aber meistens wieder im sicheren Zuhause, denn nach Einbruch der Dunkelheit gelten die Straßen nicht mehr als sicher. Aus Angst vor Überfällen betraten auch keine Ecuadorianer mehr die Straßen und ab dann wurde im Süden Quitos wo ich wohnte alles per Taxi oder eigenem Auto erledigt, was sich aber auf den Feierabendverkehr beschränkte. Dann saß ich zu Hause, meistens war der Laptop mein bester Freund, ich genoss aber auch die Zeit, keinerlei Verpflichtungen zu haben und diese Zeit für mich zu haben, da mir meine beiden „Gastmütter“ dabei vollen Freiraum gaben.

6. Bist Du in Ecuador auch gereist und hast andere Teile des Landes kennenlernen können?

Ich hatte jedes Wochenende frei, da habe ich in diesem Jahr sehr viel bereist. Ich würde sogar behaupten, dass ich Ecuador besser kenne als Deutschland. Eine Stunde Bus fahren kostet in Ecuador ca. 1,50 Dollar, selten mehr, oft weniger. Es gibt keine Züge, der gesamte Verkehr wird mit PKW oder Fernbussen abgewickelt. Dass der Transport so preiswert ist, liegt zum einen daran, dass die Dienstleistungen (also Busfahrer) und das Benzin so günstig sind (Gallone, 3,8l, 1,50 Dollar). Somit konnte ich viele Teile des Landes sehen, war von Quito in sechs Stunden an der Küste und innerhalb von vier Stunden im Dschungel. Ich war daher in allen größeren Städten wie Guayaquil, Cuenca, Esmeraldas, Banos, Loja, Tulcan, Tena, Puyo, usw. Ein sehr schöne Stadt ist Cuenca. Das ist meiner Meinung auch die schönste Stadt Ecuadors. Das historische Zentrum, die Atmosphäre, das ist einzigartig und man fühlt sich wie in der Kolonialzeit.

Nach dem Abitur ins Ausland: FSJ in Ecuador

Auf 3919 Metern Höhe: Quilotoa, eine Lagune in einem Vulkankrater– Foto: Ferdinand

7. Was hat Dir an Deinem FSJ besonders gefallen und was eher nicht so?

Besonders gefallen hat mir, dass ich so viel Freiraum hatte. Kein Druck, keine großen Verpflichtungen und damit viel Freizeit, um etwas zu unternehmen.

“Warum soll ich Englisch lernen, ich werde nie das Geld haben zu reisen.”

Ich habe sehr viel kennengelernt, habe viel gesehen. Es gab auch viele Begebenheiten, über die man in der folgenden Zeit viel nachzudenken hatte. Dazu gehörten Sprüche der Kinder, die unüberlegt und damit sehr ehrlich kamen wie zum Beispiel „Warum soll ich Englisch lernen, ich helfe eh bald nur noch meinem Vater im Kiosk, in Südamerika sprechen alle Spanisch und ich werde nie das Geld haben weiter zu reisen“.
Am Anfang meiner Zeit in Quito hat mir eher nicht so gefallen, dass ich keine Gastfamilie hatte, unter anderem deshalb hatte ich mich für die Stelle entschieden – da war meine Enttäuschung erst einmal groß. Damit fand ich mich ab und hatte in den letzten drei Wochen noch die Gelegenheit in einer Gastfamilie zu leben, allerdings hätte ich es schöner gefunden, von Anfang an Teil einer Familie zu sein.

8. An welchen Moment erinnerst Du Dich besonders gern?

In meiner Zeit hatte ich einen besten Freund. Omar aus Peru. Aber wie lernte ich diesen kennen? In Quito gibt es einen großen Freizeitpark mit Trainingsmöglichkeiten namens „Carolina“. Ich fuhr mit meinem Fahrrad dorthin, um Sport zu machen, merkte aber, dass es an diesem Tage ungewohnt kalt war. Also fuhr ich noch einmal kurz zurück nach Hause, um mir meine Trainingsjacke vom FSV Bernau, meinem Fußballverein in Deutschland, überzuziehen bevor ich mit dem Fahrrad die Stunde in den Norden fuhr. Dort machte ich ein paar Übungen bevor mich ein 2m großer, blonder deutscher Junge ansprach und nach dem Bernau fragte. „Aus welchem Bernau kommst du denn, Bernau am Chiemsee oder Bernau bei Berlin?“ Ich komme aus Bernau bei Berlin, er aber lebte in Bernau am Chiemsee. Wir verstanden uns auf Anhieb so gut, dass wir Nummern austauschten und uns bald darauf wieder trafen und er mich zu seinem Kumpel „Omar“ mitnahm. Michael, der Bernauer vom Chiemsee, fuhr 2 Wochen später wieder nach Deutschland, wir haben aber bis heute Kontakt, ebenso wie mit Omar, der ein Freund fürs Leben wurde.

9. Was wird Dir Dein FSJ für die Zukunft bringen, hast Du fürs Leben wichtige und interessante Erfahrungen sammeln können?

“Das wirklich interessante Leben fängt an, wenn man die sogenannte „Comfort-Zone“ verlässt.”

In erster Linie hoffe ich, dass ich mein Spanisch nicht verliere. Eine wunderschöne Sprache, die meiner Meinung nach viel zu wenig an deutschen Schulen gelehrt wird*. Darüber hinaus bin ich selbstständiger geworden und habe gelernt, mich verschiedensten Begebenheiten anzupassen, mit denen ich vorher vielleicht nicht besonders gut klarkam. Auch habe ich bemerkt, wie schnell man Menschen durch Kontaktfreudigkeit kennenlernen kann und dass das wirklich interessante Leben dann anfängt, wenn man die sogenannte „Comfort-Zone“ verlässt und viel ausprobiert, kennenlernt und die Ängste verliert.

10. Würdest Du Ecuador für ein FSJ empfehlen oder meinst Du andere (südamerikanische) Länder könnten vielleicht geeigneter sein?

Ich kann Ecuador sehr empfehlen! Ein relativ kleines Land mit einer geballten Menge an sehenswerten Orten und Städten.
Die Ecuadorianer sind unglaublich hilfsbereit und in den meisten Fällen sehr freundlich.
Dazu kommt, dass Ecuador durch die niedrigen Preise für Hotels und Busfahrten sehr preiswert zum Reisen ist. Es gibt darüber hinaus die Möglichkeit zum Trampen und „Couchsurfen“. Beides von mir praktiziert und eine unheimlich schöne Variante, das Land kennenzulernen.


Neugierde geweckt? Dann schaut Euch Ferdinands Blog an. Viele Artikel sind während seines Auslandsaufenthaltes entstanden und warten darauf von Euch gelesen zu werden.

Ich bedanke mich bei Dir, Ferdinand, dass Du Teil der Serie Nach dem Abitur ins Ausland geworden bist.
Habt auch ihr nach dem Abi ein Auslandsjahr gemacht – oder auch nur ein paar Monate? FSJ, Au pair, Work and Travel oder einfach nur reisen – ich würde mich freuen, einen Beitrag wie diesen auch mit Euch zu machen. Meldet Euch einfach bei mir =).

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Ich bin 22 Jahre alt, lebe in Berlin, versuche aber so oft wie möglich Urlaub im Ausland zu machen. Auf diese Reisen nehme ich Dich gerne durch meine Blogbeiträge mit.

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